Robert Lehr (1883-1956)
Geb. 20.8.1883, Celle
Gest. 13.10.1956, Düsseldorf
Konservativer Verteidiger der Demokratie
Robert Lehrs Schaffen steht beispielhaft für die konservative Klammer zwischen Weimarer Republik und dem demokratischen Wiederaufbau nach 1945. Dabei trat der in gutbürgerlichen, protestantischen Verhältnissen groß gewordene Lehr erst spät in die Parteipolitik ein, auch wenn er sich schon früh auf kommunaler Ebene politisch betätigte. Als er 1929 der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) beitrat, war er bereits seit fünf Jahren Oberbürgermeister von Düsseldorf.
Als Mitglied der DNVP gehörte Lehr zum rechten Spektrum der Weimarer Parteienlandschaft. Allerdings blieb er den Nationalsozialisten gegenüber skeptisch und verlor schon 1933 sein Amt als Oberbürgermeister. In den Folgejahren engagierte sich Lehr durch Kontakte zu christlichen und konservativen Widerstandskreisen gegen das NS-Regime. Nach 1945 nahm er nicht nur als CDU-Gründungsmitglied, Abgeordneter des Parlamentarischen Rates und schließlich Bundestagsabgeordneter gewichtigen Einfluss auf die demokratische Neugestaltung der Bundesrepublik. Aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und NS-Zeit galt Lehrs Engagement nun besonders der Bekämpfung des Extremismus von links und rechts. Damit prägte er den Aufbau einer streitbaren Demokratie, die sich mithilfe des Grundgesetzes Gegnern der neuen freiheitlichen Ordnung entgegenstellte.
So trieb er als Bundesinnenminister unter Konrad Adenauer Verbotsverfahren gegen kommunistische wie rechtsextreme Parteien voran. 1951 erstattete Lehr zudem einen Strafantrag wegen Verleumdung gegen den früheren Wehrmachtsoffizier Otto Ernst Remer, da dieser die Widerstandskämpfer des 20. Juli als Landesverräter bezeichnet hatte. Und auch auf anderen Feldern war Lehr seiner Zeit voraus: Als Präsident der 1947 von ihm mitbegründeten „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“ setzte er sich für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und für den Umweltschutz ein.
Dieses Porträt ist Teil des Projektes „100 Köpfe der Demokratie“, das seit März 2020 von der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft „Orte der Demokratiegeschichte“ gestaltet wird. Wir möchten eine Auswahl an historischen Persönlichkeiten der vergangenen beiden Jahrhunderte präsentieren, die die deutsche Demokratiegeschichte geprägt und gestaltet haben.
An wen denken Sie, wenn es um das Thema Demokratie geht? Wo sehen Sie demokratisches Wirken: in der Politik, im sozialen Engagement, im alltäglichen Zusammenleben? Diese und weitere Biographien sollen einen ersten Eindruck vermitteln von dem geplanten Panorama an 100 Köpfen, von der Vielfalt demokratischen Handelns und Wirkens in unserer Geschichte.